Eberhard Geisler widmet seinen Essay drei Frauen, die es wieder und noch zu entdecken gilt: Der aus der DDR stammenden Dichterin Helga M. Novak, der ungarisch-jüdischen Schriftstellerin Susan Taubes, die in den USA aufwuchs und lebte, und der deutschen Literaturwissenschaftlerin Henriette Beese.
Was die drei Frauen eint: Sie vertraten selbstbewusst ein Verständnis ihrer Arbeit, das sich dem akademischen Diskurs, wie er noch immer innerhalb der patriarchalisch organisierten Universität ihrer Zeit vorherrschend gewesen war, widersetzte. Sie kultivierten dichterische Ausdrucksformen wie Gedicht und Erzählung, aber auch den Briefwechsel. Und nicht zuletzt waren sie intellektuelle Sinnsucherinnen, deren Schreiben erst plastisch wird, wenn die jüdische Überlieferung in ihrem Universalismus und ihrer Affinität zu Poesie als Lesart herangezogen wird.
Gespickt mit persönlichen Reflexionen, in Bezug auf das universalistische Denken Jacques Derridas sowie Gotthold Ephraim Lessings zeichnet Geisler das Bild der drei schreibenden Frauen nach, für die er einen geheimen Fluchtpunkt annimmt: Das Hohelied des König Salomon.
Ich werde diese drei Frauen immer wieder aus den Augen verlieren und trotzdem hoffen, in jedem Augenblick bei ihnen zu sein. Ich werde, sagen wir, zersplitterter schreiben denn je. Es ist die Geschichte, die in alle Winde zerstob; vielleicht tritt aber erst in dieser Zersplitterung und aus dem Gefühl größter Hilflosigkeit heraus etwas wie die Einheit der Geschichte hervor.
Der Autor
Eberhard Geisler, Jahrgang 1950, ist Literaturwissenschaftler, Autor, Kritiker und Übersetzer. Bis 2017 war er als Professor am Romanischen Seminar der Johannes Gutenberg-Universität Mainz tätig.
Bibliografische Angaben
Eberhard Geisler: Taubes, Novak, Beese
Hardcover mit Fadenbindung und Lesebändchen
260 Seiten | 18 x 13 cm
28,00 Euro
978-3-946392-46-0
Erscheinungstermin: Oktober 2024